Den Menschen in Blick genommen
Verletzt
Verwundet
Eine neue Erfahrung legt sich auf das Gesicht
Manchmal bricht das Vergangene durch
Wie viele Schichten
Eine Erinnerung taucht auf
Wird überdeckt
Dringt durch
Löst sich wieder ab
Etwas bleibt zurück
Verbindet sich
Unbedeutend
Still
AMB / 13. Oktober 2011
Den Menschen in Blick genommen
Okt-Dez 2011 / charismen / 23. Jahrgang / Heft 4
Annemarie Baumgarten (seit 2011 in Wien) ist Künstlerin und Kunstpädagogin. In ihren Bildern spiegelt sich wider, wie sie auf Mensch und Welt schaut. Sie hat in letzter Zeit eine Reihe von Bildern mit menschlichen Gesichtern geschaffen, die betroffen machen (vgl.S.17).
Gespräch mit Annemarie Baumgarten
Wie wirken sich Begegnungen, die berühren, in Ihrer Arbeit aus?
Schon seit einigen Monaten habe ich mich mit dem Thema des menschlichen Antlitzes befasst. Ich habe mich mit Werken vieler Künstler auseinandergesetzt. Mich sprechen z.B. die menschlichen Antlitze im Spätwerk von Alexej Jawlensky, die er Meditationen nannte, sehr an. Noch vor meinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe zeichnete ich sehr gerne Menschen. Über Jahre habe ich mich jedoch in meinem künstlerischen Schaffen ganz anderen Themen zugewandt.
Doch als ich Anfang dieses Jahres mit großer Betroffenheit die Nachrichten in Nordafrika mitverfolgt habe, spürte ich einen starken Impuls, diesen Ereignissen „ein Gesicht“ zu geben. Ich wählte ganz neue Wege, indem ich nicht wie bisher mit Farben und Pinsel auf Holz gemalt habe, sondern unübliche Materialien gewählt habe. Ich wollte dadurch die unterschiedlichsten Verletzungen aufzeigen. Meine Sprachlosigkeit vor all dem Leid drückt sich auf einmal in einer viel deutlicheren Bildsprache aus. Menschen blicken einen an, die sich ihrer Würde bewusst sind.
Was hat sich dadurch in Ihrer Vorgehensweise geändert?
Beim Arbeiten habe ich viele Entdeckungen gemacht, Zufälle einbezogen, die durch Überlagerungen von Papieren, Stoffen und vor allem durch feine Mullbinden entstanden sind, immer wieder Teile überdeckt und Teilbereiche wie Augen herauskommen lassen. Ich war dabei selbst so gefesselt von den Gesichtern, die mich auf einmal angeschaut haben oder auch in sich selbst versunken waren. Für mich spielte allein eine Rolle, mit verschiedensten Menschen in Kontakt zu treten, Anteil zu haben an ihrem Leben und gleichzeitig ihnen Raum in mir zu geben.
Können Sie uns etwas von der spirituellen Dimension verraten, die sich hinter den Bildern verbirgt?
Durch das Evangelium habe ich als Jugendliche begonnen, Menschen so zu begegnen, wie es uns Jesus nahe bringen will. Er selbst möchte uns in jedem Nächsten begegnen: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Ihn entdecken in jedem Menschen, besonders im Menschen, der leidet, der auf der Suche ist, verachtet ist, der keinen Weg mehr vor sich sieht, der gescheitert ist. Diesen Menschen wollte ich meine Zeit, meine Arbeit, meine Bilder widmen. Und ich habe dabei eine tiefe Erfahrung gemacht, so als würden diese Menschen um mich sein, mein Leben prägen, mir ganz neu bewusst machen, welchen großen Wert jedes menschliche Leben in sich trägt. Sich diesem Geheimnis ein Stück zu nähern, mit dem Blick der Wertschätzung und der Liebe tiefer schauen und in sich selbst seine Gegenwart zu entdecken.
Wenn ich an meine Gesichter denke und sie vor mir habe, so laden sie mich und den, der sie betrachten will, dazu ein, mit einem Blick der Liebe und der Achtung darauf zu schauen. Es ist keine Momentaufnahme, vielmehr eine Verdichtung, die sich in jedem Gesicht zeigt. Sie gleicht einer Summe von sich überlagernden, durchlässigen Schichten, die vom Leben selbst wie Schleier nach und nach darauf gelegt wurden. Sie lassen, wenn man verweilt, tiefer blicken und erahnen, dass hinter jedem Bildnis eine einzigartige Geschichte steht. Vieles bleibt Geheimnis, nichts geht dabei verloren, weil jeder Aspekt, jede Erfahrung in das Ganze hineingenommen wurde: verwundete Schönheit, ganz innerlich und rein.
„Vedo l’umanità con l’occhio di Dio che tutto crede perché è Amore.“
La risurrezione di Roma, Chiara Lubich, Nuova Umanità, XVII (1995) 6,5-8
I primi „Volti“ sono nati al inizio di quest’anno quando incominciava la rivoluzione nel Nordafrica. Ho ripreso il tema nel settembre scorso con un crescente ritmo di lavoro. Non nasconto la forte compassione provata spesso per chi mi passava accanto, sia attraverso notizie, nella TV, ma alle volte tanto lontano per il tempo o il spazzio però sempre vicino alla mia anima.
Vedrete dei volti di persone di varie culture, eta e sesso. Persone con grande dignità per la loro umanità. Avevano subito dei dolori forti, ferite, strazzi, malincolie, abbandoni, persino perse la loro vita.
Col passare del tempo si ha sopraposta sia una altra esperienza, o un ricordo, un distacco dall’esperienza fatta che ha trasformato tutto, silenziosamente.
Il „Nuovo“ in questo lavoro è stato per me una certa tecnica dove ho usato soprattutto non dei pinelli, ma altro realizzando tutto sia con materiale diverso come carta, legno, stoffa leggera ricordando un velo trasparende. Ho ritoccato con matitte, dipinto con aquarelli, pigmenti direttamente con le mani, adoperando anche la tecnica della monotopia.